Sozialwissenschaftliche Forschung über die Grenzen hinweg
ZSI-workshop 7
216 Seiten, Broschur
Format 15,5 x 22,8 cm
€ 18,–/sfr 31,–
ISBN 3-900782-37-7
Soziale Dimensionen europäischer Forschung
Über das Buch
Das Buch enthält Daten, Erfahrungsberichte und Reflexionen zum Prozess des Forschens in Europa für den Bereich der Sozialwissenschaften. Es werden Strukturen und Konzeptionen von europäischen Forschungsprogrammen und deren Veränderung insbesondere im Kontext des 4. und 5. Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung der EU (1994-2002) präsentiert. Ein Überblick über die Förderungen aus Mitteln der Strukturfonds und aus anderen Programmen der EU wird ebenfalls vorgelegt. Darüber hinaus wird die gesamteuropäische Orientierung der Forschungskooperation mit mittel- und osteuropäischen Ländern betont. Analysen der Bedingungen von Forschungsförderung, von Schwerpunkten und Handlungsoptionen werden ergänzt durch Beiträge, die konkrete Forschungsleistungen und Ergebnisse von transnational durchgeführten Projekten dokumentieren.
Das Buch soll das Interesse der „Scientific Community“, der Forschungspolitik und von Einrichtungen der Forschungsförderung auf steigende Anforderungen und Chancen lenken, die sich aus der internationalen und interdisziplinären Zusammenarbeit sowie aus der Praxisorientierung europäischer Projekte ergeben. Das Angebot an relevanter sowie detaillierter Information unterstützt die fachlich fundierte Diskussion in bezug auf die Entwicklung der Sozialwissenschaften und kann nicht zuletzt als Lehrmaterial für einschlägige Studienrichtungen eingesetzt werden.
Drei Schwerpunkte werden gesondert behandelt:
– Der erste betrifft die Rahmenprogramme für Forschung und technologische Entwicklung der EU im Zeitraum von 1994-2002. Dieser Teil enthält Angaben über sozialwissenschaftliche Forschungsmöglichkeiten innerhalb der Aktionslinien und Spezifischen Programme des 4. Rahmenprogramms, einen Überblick der Österreich-Beteiligung am sowie einen Ausblick auf das 5. Rahmenprogramm.
– Im zweiten Teil werden die Förderungsmöglichkeiten für Forschungsprojekte mit sozialen Dimensionen aus Mitteln der Strukturfonds und aus anderen Programmen der EU im Überblick dargestellt.
– Der dritte Teil stellt Erfahrungen und Ergebnisse anhand konkreter Berichte über Projekte in verschiedenen Programmen vor.
Vorwort
Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union eröffnete neue Beteiligungschancen an transnationalen Projekten, Initiativen und Aktionen der EU. Diese betreffen nicht nur die Rahmenprogramme für Forschung und technologische Entwicklung, sondern ebenso Gemeinschaftsinitiativen (GI) und Aktionsprogramme sowie die Möglichkeit, für verschiedene Generaldirektionen der Europäischen Kommission Serviceverträge abzuschließen.Dabei gewinnen soziale Dimensionen und sozialwissenschaftlich relevante Fragestellungen grundsätzlich an Bedeutung. Dem sollte im 4. Rahmenprogramm dadurch Rechnung getragen werden, dass ein eigenes Programm für „Sozioökonomische Schwerpunktforschung“ (Targeted Socio-Economic Research – TSER) eingerichtet und durchgeführt wurde. Die Grundstrukturen dieses Programms und die Erfahrungen mit österreichischer Beteiligung daran werden in diesem Buch ebenso dargestellt wie die Begründungen dafür erläutert, warum und zugunsten welcher Strategie davon im 5. Rahmenprogramm wieder abgegangen wurde. Innerhalb der zwischen den Mitgliedstaaten und den Strukturfonds für Soziales, Regionalentwicklung und Landwirtschaft (ESF, EFRE, EAGFL) kofinanzierten Gemeinschaftsinitiativen wurden im Jahr 1997 neue bzw. zusätzliche Aktionsbereiche „Inclusion“ und „Building the Information Society“ eingerichtet. Auf Grund der Agenda 2000 und der Einleitung des Osterweiterungsprozesses der EU entstehen neuerlich veränderte Aufgaben und Chancen in anders strukturierten Programmen und Zieldefinitionen. Maßgebliche Veränderungen betreffen in neuen Planungskonzeptionen weiters die für Arbeitsmarktforschung und beschäftigungspolitisch relevante, zwischen ESF und nationalen Stellen kofinanzierte Maßnahmen. Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive ist diesbezüglich – nicht ausschließlich, aber besonders – etwa auf die ab 2001 laufende Gemeinschaftsinitiative EQUAL zu verweisen. Das Ziel von EQUAL liegt in der Förderung neuer Methoden zur Bekämpfung von Diskriminierungen und Ungleichheiten jeglicher Art im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt.Auch unter veränderten Programmbedingungen werden sich damit für österreichische Institute und Einrichtungen, die an gesellschaftspolitischen Fragestellungen arbeiten, wieder Chancen zur Beteiligung an transnationalen und innovativen Projekten mit Umsetzungscharakter bieten, die z. T. in enger inhaltlicher Verbindung mit österreichischen Forschungsschwerpunkten stehen. So war beispielsweise bisher der Forschungsschwerpunkt „Fremdenfeindlichkeit“ des BM:WV in Analogie zu den „Forschungsarbeiten über soziale Ausgrenzung und Integration in Europa“ innerhalb des TSER-Programms, aber auch in Verbindung mit Maßnahmen der DG V zur Förderung der Integration von Flüchtlingen sowie Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen des Programms URBAN zu sehen. In einem derartigen Setting ist es für sozialwissenschaftliche Institute möglich, zu einer thematischen Schwerpunktsetzung – etwa hinsichtlich der Integration von AusländerInnen – Forschungsprojekte mit theoretisch und empirisch anspruchsvollen wissenschaftlichen Methoden durchzuführen und deren Ergebnisse in weiterer Folge im Rahmen konkreter Maßnahmenprojekte, gefördert aus anwendungsorientierten Programmen, zu verwerten. Dies ist ein strategischer Weg in Richtung anschlussfähiger sozialwissenschaftlicher Forschung, wobei Erkenntnisse für die praktische Umsetzung nicht nur zur Verfügung gestellt, sondern in eigene transdisziplinäre Projekte eingebracht werden. Das Zentrum für soziale Innovation versucht dieses Konzept systematisch auszubauen. Wir sehen darin die eigentliche Chance, als außeruniversitäres sozialwissenschaftliches Institut zu überleben und uns weiterzuentwickeln, während gleichzeitig die Palette von Handlungsmöglichkeiten erweitert wird. Die unterschiedlichen Anforderungen verschiedener Formen des Einsatzes und der Nutzung von Methoden und Wissen schaffen dabei eine kreative Vielfalt von Tätigkeiten, denen die internen Organisations- und Personalentwicklungsprozesse laufend angepasst werden müssen.Mit der vorliegenden Publikation soll Information darüber in die Diskussion gebracht werden, in welchem Ausmaß und wie von der österreichischen sozialwissenschaftlichen Forschung die erweiterten Potentiale genutzt werden und in welche Richtung Möglichkeiten zur Weiterentwicklung weisen. Welche Organisationen haben sich in den ersten Jahren der österreichischen EU-Mitgliedschaft an Projektanträgen in gesellschaftlich und sozialwissenschaftlich relevanten Themenfeldern erfolgreich beteiligt? Mit welchen Problemen, Erfahrungen und Ergebnissen waren die Informationssammlung, die Partnersuche, die Antragstellung verbunden? Welche Barrieren wurden sichtbar und behindern eine erfolgreiche Wahrnehmung von vorhandenen Chancen? Fragen dieser Art werden in den folgenden Buchbeiträgen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Die erste betrifft generelle Veränderungen von sozialwissenschaftlichen Arbeitsbereichen, Anforderungen und Handlungsfeldern im Zeichen von Internationalisierung und der Entfaltung von Wissensökonomie und Informationsgesellschaft. Der zweite und zentrale Schwerpunkt behandelt die Stellung, Möglichkeiten und Erfahrungen der Sozialwissenschaften in den Rahmenprogrammen für Forschung und technologische Entwicklung der Europäischen Union. Weitere Beiträge befassen sich darüber hinaus mit spezifischen Förderungsmaßnahmen zur Kooperation mit Partnerorganisationen in osteuropäischen Ländern. Dabei steht der Aspekt wissenschaftlicher Forschung etwas im Hintergrund zugunsten von Konzepten und Maßnahmen zur praktischen Lösung von sozialen Problemen – wozu allerdings die Sozialwissenschaften aufgerufen sind, Beiträge zu leisten. Ob, wie und mit welchen Ansätzen sie das tun, sollen insbesondere die Kurzdarstellungen von Projektberichten exemplarisch zeigen, welche den Band beschließen.Die Grundüberlegung, welche damit zur Diskussion gestellt und die freilich in diesem Rahmen selbstverständlich weder als erschöpfend noch gar abschließend ausgeführt betrachtet werden kann, ist folgende: Forschen in Europa macht einerseits einen wesentlichen Unterschied gegenüber den gewohnten Formen der Planung, Finanzierung, Durchführung und Verwertung von Forschung im tradierten nationalstaatlichen Umfeld. Dadurch werden Forschungsfragestellungen neu bestimmt. Ebenso werden die Formen der Zusammenarbeit zwischen ForscherInnen, Gruppen und Instituten verändert, das Methodeninstrumentarium, das Publikationswesen und Umsetzungsstrategien – die praktische Anwendung – von Forschung in vielfältiger Weise gefordert.Darüber hinaus ist die Frage nach den sozialen Dimensionen in der europäischen Forschungs- und Technologiepolitik nach wie vor virulent und wird im Hinblick auf die bevorstehende Osterweiterung der EU noch wesentlich dringlicher werden. Auch diesbezüglich stellt sich, wie in vielen anderen Belangen auch, die Frage nach der Kompatibilität, Abgrenzung und Ergänzung zwischen nationalen und internationalen Förderungen, Projekten und Programmen. Europäische Osteuropaprogramme zur Unterstützung sozialer, wirtschaftlicher und institutioneller Aufholprozesse sowie zur Erhaltung wissenschaftlicher Infrastrukturen (INCO-COPERNICUS, PHARE, TACIS, INTAS) scheinen ebenso wenig im Blickpunkt der Sozialwissenschaften Österreichs wie etwa die national geförderten Projekte der Ostzusammenarbeit, die immerhin auch einen Themenbereich „Arbeit und Soziales“ einschließen.Das vorliegende Buch hätte seinen Zweck erreicht, wenn es dazu anregen könnte, dass die sozialwissenschaftliche Scientific Community in Österreich den vielfältigen europäischen und thematischen Entwicklungen bewusster und systematischer als bisher gegenübertritt. Die ebenso notwendige wie wünschenswerte Intensivierung der Beteiligung am Prozess der Europäisierung von Forschungsanstrengungen zur Lösung sozialer Probleme könnte damit einen Schritt weiter geführt werden. Ein wesentlicher Bestandteil „echter“ Europäisierung wäre in einem systematischen Aufbau multinational und mehrsprachig zusammengesetzter Institute zu sehen. Effekte einer Verbreitung solcher bis heute noch sehr seltenen Modelle würden weit über die internationaler Kooperation von Forschungseinrichtungen mit grundsätzlich national homogenen Belegschaften hinausgehen.
Aus dem Inhalt
I. Der Wandel von Forschungsbedingungen
Herausforderungen und Chancen für die sozialwissenschaftliche Forschung (Josef Hochgerner)
Forschungsnetzwerk Europa (Raoul F. Kneucker)
II. Programme der Europäischen Union zur Förderung von Forschung und Integration
Die österreichische Beteiligung im 4. Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (Josef Säckl/Manfred Horvat)
Themenbereiche für die sozialwissenschaftliche Forschung im 5. Rahmenprogramm (Peter Fisch)
Sozialwissenschaften in der europäischen Integration. Österreichische Positionen zu neuen Möglichkeitensozialwissenschaftlicher Forschung (Raoul F. Kneucker/Andrea Schmölzer)
Programme zur Förderung der wissenschaftlich-technischen Kooperation zwischen der EU und Mittel- und Osteuropa (Klaus Schuch)
Projektmöglichkeiten und Risken im Rahmen des PHARE-Programms (Bernhard Hulla)
III. Projektbeispiele
DIPLOMAT: Die Europäische Charta für Telearbeit – ACTS
(Josef Hochgerner)
MUNICIPIA: Internetplattform für Stadt- und Regionalentwicklung – TAP (TURA)
(Barbara Buchegger)
EUROHOME: Emergency and Transitory Housing for Homeless People – TSER
(Angelika Kofler)
LOCIN: Lokale Initiativen zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung – TSER-G-LOCIN
(Christa Maad)
SOCON: Ökologische Probleme und soziale Konflikte in Europa – INTAS
(Josef Hochgerner)